Was relativ unspektakulär begann, die Anfahrt mit der S1 und U1 zum Südheimer Platz, änderte sich schlagartig, als man in die fast 100 Jahre alte Seilbahn einstieg. Mahagoni Sitzbänke, eine Höhendifferenz von 87 Metern in nur vier Minuten, ohne Schwitzen! Oben auf dem Waldfriedhof Degerloch war es vorbei mit der Nostalgie. Neben den vielen privaten Grabstätten ohne Einfassung, wurden wir auch an die schrecklichen Zeiten des Ersten und Zweiten Weltkrieges erinnert. Die prachtvoll blühenden Rhododendrensträucher erweckten die Gemüter und waren eine wahre Augenweide.
Nach dem Rundgang durch den Waldfriedhof begann die eigentliche Stadtwanderung. Auf Waldwegen entlang des Baches ging es durch die romantische Schwälblesklinge, die bei Kaltental in das Tal des Nesenbachs mündet. Am Nesenbach, nicht am Neckar, liegt nämlich Stuttgart! Knapp 13 Kilometer nur ist der Wasserlauf unterwegs, von seinem Quellgebiet bei Vaihingen bis zum Neckar, leider fast vollständig unterirdisch. Sogar für den neuen Tiefbahnhof musste der Nesenbach tiefergelegt werden. Düker war das Stichwort, worauf uns Ingrid G. bestens über den Bau und die Funktion aufklären konnte. In Kaltental ging es bergauf zum Heslacher Waldheim. Das Rucksackvesper wurde ausgepackt und das Geheimnis von Kaltental wurde gelüftet. „Oh Anna Scheufele aus Kaltental“ – „Mir schmeckt koi Veschber meh’, Seit i dees Mädle gseh!“ Uns dagegen hat das Vesper geschmeckt und gestärkt ging es weiter zu den Heslacher Wasserfällen. Tosende Wassermengen suchte man vergebens, wie in Bissingen auch. Ein weiteres Geheimnis wurde auf 511 Meter Höhe gelüftet. Zwischen 1953 und 1957 wurden auf der Anhöhe des Birkenkopfs über 1,5 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt aus dem Zweiten Weltkrieg abgelagert, so dass der Berg um rund 40 Meter wuchs. Im Volksmund heißt der Berg daher auch Monte Scherbelino.
„Dieser Berg nach dem Zweiten Weltkrieg aufgetürmt aus den Trümmern der Stadt steht den Opfern zum Gedächtnis den Lebenden zur Mahnung“.
Ein herrlicher Blick auf die Stadt Stuttgart und das gesamte Umland entschädigte auch hier für die traurige Geschichte. Nach dem Abstieg vom Monte Scherbelino ging es gemütlich mit dem Bus zum Feuersee. Das letzte Highlight war der künstlich angelegte Feuersee mit der evangelischen Johanneskirche. Leider wurde auch diese im zweiten Weltkrieg stark zerstört. Aus Kostengründen wurde der Turm zunächst nicht wieder aufgebaut. Heute macht gerade die fehlende Spitze die Johanneskirche zu etwas ganz Besonderem. Viele Stuttgarter verstehen sie als Mahnmal gegen den Krieg.
Bei dieser Stadtwanderung haben wir viel Unbekanntes entdeckt und Geschichte hautnah erlebt. Die Mahnmale gegen Krieg zeigen uns auf, dass Demokratie und Frieden keine Selbstverständlichkeit sind.